Samstag, 30. November 2013

Gesprächige Kassierer

Komme ich gleich mal zu dem Fakt aus der Überschrift: Wenn man hier in Japan an einer Kasse steht, dabei ist es vollkommen egal in welcher Preisklasse sich diese befindet, wird man mit einen gewaltigen Redeschwall überrollt. Da kann man sich schon mal fragen was das eigentlich soll. Zumindest habe ich das getan. Besonders verwirrend ist es, wenn die eigenen japanisch Kenntnisse noch nicht ausreichen um diesem Redefluss zu folgen. Aktuell bin ich aber etwas schlauer und werde etwas Licht in die Sache bringen.

In der japanischen Sprache wird Höflichkeit nicht etwa durch Wörter wie „du“ und „Sie“ ausgedrückt sondern durch Verbformen und auch andere Wortpräfixe oder sogar andere Wörter. In Japan ist die Höflichkeit auch eine sehr wichtige Sache die den Japaner in sehr prekäre Lagen bringen kann, wenn sie falsch angewendet wird. Dem Ausländer wird zum Glück das meiste verziehen. Soviel zu dem Hintergrundwissen um zu verstehen warum eine so extensiver Redeschwall existiert.

Den quasi Monolog den ein Kassierer oder eine Kassiererin führt dient also der Höflichkeit. Grade in der Beziehung zwischen Verkäufer und Kunden ist äußerte Höflichkeit angebracht, natürlich nur von Seite des Verkäufers. Ich Versuche im folgendem den groben Ablauf darzustellen.

Man stelle sich vor, dass der Kunde mit seinem oder ihrem Einkauf zur Kasse kommt. Nun wird der Kassierer den Kunden mit einer Verbeugung und einem いらしゃいませ  (irashaimase), was mit „Willkommen“ übersetzt werden kann, begrüßen. Der Kunde braucht hier kaum in Aktion zu treten. Ein kleines Nicken oder eine kurze gemurmelte Begrüßung sind schon sehr ausreichend oder auch nicht nötig. Nun wird sich der Kassierer dem eigentlichen Einkauf widmen. Dabei wird er von jedem einzelnen Produkt mindestens den Preis nennen. Solange sich diese Situation nicht in einem Konbini abspielt wird es sich für jedes Produkt ungefähr so anhören „Ich habe hier drei Äpfel für 130 Yen“. Und dieser Satz wird wirklich für jedes Produkt aufgesagt. Nun sind alle Produkte gescannt und es geht zum bezahlen. Dabei wird der Gesamtpreis genannt, das sogar in erstaunlich kurzer Manier. Wenn der Kunde das Geld übergeben hat wird der Verkäufer mit „Vielen Dank, ich habe 1000 Yen erhalten“ antworten und daraufhin das Wechselgeld aushändigen. Diese Aktion wird natürlich auch von ihm in Worte gefasst. Nun noch eine Verbeugung des Verkäufers und „schon“ ist der Einkauf getätigt.

Während des gesamten Vorgangs wird also jeder Schritt nicht nur ausgeführt sondern auch ausführlich in Worten beschrieben. Das gute für den nicht Japanisch sprechenden Kunden ist, dass es überhaupt nicht nötig ist etwas zu verstehen oder in irgendeine Aktion zu treten. Lediglich das bezahlen sollte nicht übergangen werden...

Samstag, 23. November 2013

Schreib doch mal wieder was!

Diese Aussage höre ich immer mal wieder in der einen oder anderen Form. Nun, ich habe hier eine Liste auf der einige Themen stehen über die ich gerne noch berichten möchte. Allerdings Frage ich mich dabei immer ob es überhaupt Interessant für andere Menschen ist. Deshalb möchte ich es mal andersrum versuchen: Was möchtet ihr gerne hören? Was gefällt euch an den Beiträgen? Was nicht? Was könnt ihr so gar nicht leiden? Wollt ihr mehr Bilder sehen? Ich bin über alles sehr dankbar.

Um mir zu helfen euch guten Inhalt zur Verfügung stellen zu können nutzt doch einfach den Link „Kommentare“ unter diesem Post und ladet eure Meinung ab. Danke für alle Beiträge!

Sonntag, 10. November 2013

Japaner sind doch ein wenig verrückt...

Dieses Statement hört sich jetzt doch erstmal ein wenig hart an. Aber um mich gleich mal ein wenig zu verteidigen: Es gibt ein Buch mit dem Titel "Darum spinnen Japaner". Und es gibt viele Bücher mit ähnlichem Inhalt. Aber wichtig ist mir doch hier an dieser Stelle noch einmal los zu werden, dass ich Japan und die Japaner sehr mag. Sie sind aber manchmal ein wenig unverständlich.

So auch diesen Samstag bei dem Schulfest der Bildungseinrichtung an der ich hier meine Zeit verbringe. Eine Japanerin (22 Jahre alt und sonst sehr seriös wirkend) in meinem Labor hatte mir begeistert davon berichtet, dass sie sich schon sehr auf die Sängerin am morgigen Tag freut. Darauf habe ich erwidert, dass ich auch kommen werde um sie mir anzusehen. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste ist, dass diese Sängerin eine 13 Jahre alte Junior High School Schülerin ist. Und dem nicht genug ist sie der Innbegriff von japanischer Niedlichkeit. Aber ich möchte darüber gar nicht zu viele Worte verlieren und einfach auf das Video verweisen das ich von der Performance gemacht habe. Außerdem möchte ich besonderes Augenmerk auf die japanischen Herren der Schöpfung lenken. Ach ja ich habe ganz vergessen den Namen dieser unglaublich süßen Japanerin zu erwähnen: ゆきな (Yukina), was in Japan ein ganz normal Vorname ist.

Und nach dieser Veranstaltung habe ich die bereits erwähnte Japanerin aus meinem Labor gefragt ob ゆきな und die Veranstaltung selbst wirklich ernst genommen werden. Darauf habe ich in einer längeren Erklärung ein Ja ohne wirkliche Einschränkungen bekommen...


Mittwoch, 30. Oktober 2013

恩、義植、人情 (Onn, Giri und Ninjou)

Wie vor einiger Zeit versprochen folgt nun der nächste Teil zur japanischen Wesensart. Ich möchte aber gleich vorwegnehmen, dass ich dieses Thema nicht hundertprozentig verstanden habe. Es klingt anfangs sehr einfach, aber sobald neue Beispiele des Senseis kamen wurde mir wieder vor Augen geführt, dass ich es nicht verstanden habe. Aber nun eins nach dem anderen, hier folgt mein Versuch einer Definition:

Die drei Begriffe Onn, Giri und Ninjou stehen in starker Beziehung zueinander und beeinflussen sich Gegenseitig. Giri lässt sich wohl am einfachsten als (Treue-)pflicht oder die Erwartung anderer Personen beschreiben. Ninjou bezeichnet die eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen, diese stehen oft im Konflikt mit Giri. Die Handlung einer Person wird also von Giri und Ninjou beeinflusst.

Nun kommt Onn ins Spiel. Onn bezeichnet eine Situation in der eine Handlung einer Person implizit eine Handlung der anderen Person fordert. Ganz nach dem Motto ich helfe dir du hilfst mir. Allerdings scheint, dass alles nicht so einfach zu sein. Ich kann auch leider nicht beschreiben was daran komplex und nicht greifbar ist, es ist einfach ein Gefühl der Unwissenheit das nicht verschwindet... Das wurde mir besonders klar als der Sensei weitere Beispiele dafür genannt hat.

Das wohl einfachste Beispiel ist folgendes:
Die Eltern eines japanischen Kindes ziehen dieses groß und sorgen für dieses Kind bis es sowohl sozial als auch finanziell von den Eltern unabhängig ist. Außerdem lebt diese Familie in keiner größeren Stadt. Nun zieht das Kind, mittlerweile als selbständiger Erwachsener, in eine entfernte Stadt um Arbeit zu finden und ein eigenständiges Leben aufzubauen. Dieses lebt er oder sie für eine lange Zeit. Nach vielen Jahren sind die Eltern sehr alt und benötigen Hilfe. In vielen fällen wird dieses Kind gebeten den Eltern zu helfen, was bedeutet, dass das Kind in die eigene Heimatstadt zurückkehren muss.

In diesem Beispiel lässt sich klar erkennen, dass die Erziehung der Eltern eine Art einer  Vorleistung darstellt die sie später im Alter einfordern. Das Problem des Kindes ist, dass es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht das eigene Leben in der Stadt aufgeben möchte (Ninjou), allerdings die Verpflichtung fühlt der eigenen Pflicht nachzukommen (Giri).


Viele Japanische Filme greifen diesen Konflikt auf. Eine typische Handlung aus älteren Filmen ist, dass ein Samurai sich in eine „normale“ Frau verliebt und von dort an im starken Konflikt zwischen seiner Verpflichtung und seinem Verlangen steht.

Montag, 21. Oktober 2013

剣山 (Der Berg Tsurugi)

Die Stadt Tokushima hat eine kostenlose Tour zum Tsurugi-san für internationale Studenten angeboten. Es war eine Teilnahmebedingung auf irgendeinen Weg die Erlebnisse zu veröffentlichen. Dem werde ich hiermit also nachkommen.

Dazu ein wenig Wissen, dass sich wohl wenigstens dazu verwenden lässt wenn es mal kein Gesprächsthema auf einer langweiligen Veranstaltung gibt. Oftmals gibt es Übersetzungsfehler von Japanischen Bergen in andere Sprachen. Ein Beispiel ist der Fuji-san, der oft fälschlicherweise Fuji-yama genannt wird. Die Ursache ist, dass das Schriftzeichen , zu Deutsch „Berg“, im Japanischen „yama“ ausgesprochen wird wenn es alleine steht, doch in Kombination mit dem Namen des Berges als „san“ gelesen wird. „san“ dient übrigens zur höflichen Anrede von Personen und wird an deren Namen angehangen.

So viel dazu nun aber zum eigentlichen Thema. Der Samstag begann früh. Wir mussten um 7:02 Uhr einen Zug in Anan zum Treffpunkt in Tokushima nehmen. Um auch mit gefüllten Magen pünktlich am Bahnhof zu stehen hat mich der Wecker um 5:50 Uhr aus dem Bett geholt was definitiv nicht meine favorisierte Zeit zum aufstehen ist. Erst recht nicht am Samstag. Am Treffpunkt in Tokushima wurden wir auch sehr freundlich empfangen. Nach einer kurzen Busfahrt haben wir noch an der Universität in Tokushima halt gemacht und einige Studenten eingesammelt. Wie es der Zufall wollte war auch ein Deutscher dabei, das war auch mal eine gute Abwechslung.

Wie diese ganze Tour ablaufen sollte hatte keiner von uns so wirklich eine Ahnung. Auch wussten wir nicht, dass der Berg so weit weg war. Wobei so weit weg eigentlich übertrieben ist, denn wenn ich Google Maps glaube sind es grade einmal 74 Kilometer. Allerdings waren wird erst um ca. 11:30 auf halber höhe des Berges mit dem Bus angekommen. Aber immerhin konnten wir uns auf der Fahrt viel unterhalten.

Anschließend haben wir noch die Seilbahn ein weiteres Stück den Berg hoch genommen. Sodass noch eine Stunde Fußweg übrig blieb. Zum Weg lässt sich gar nicht so viel sagen. Nach meiner Ansicht war definitiv spektakulärer in den Alpen zu wandern. Allerdings war das Wetter nicht besonders gut. Es waren um die 10 – 14 Grad und es hat immer wieder geregnet.

Als wir dann am Gipfel angekommen sind gab es erst einmal eine Mahlzeit. Wie sollte es anders sein, natürlich in einem Tatamiraum auf dem Boden mit leckeren Udon und Reis (zu Udon im Allgemeinen wird auch noch ein Beitrag folgen). Der Gipfel liegt auf 1955 Metern, damit hatten wir schon einen ganz guten Ausblick. Aber wirklich beeindruckend war der Blick nach ca. 300 Metern Fußweg wir hatten einen freien Blick auf den Pazifik. Und dieser ist immerhin knapp 60 Kilometer entfernt gewesen. Wie man auf dieser Karte sehr gut erkennen kann. Der Rückweg hat ca. zwei Stunden gedauert und war eindeutig schöner als der hinweg. Dazu empfehle ich aber einfach die Bilder anzuschauen. Und buntes Laub wird hier übrigens もみじ (momiji) genannt.


Ganz lustig war auch, dass besonders den Vietnamesen sehr kalt war, da die Temperaturen dem absoluten Tiefstand in Vietnam entsprachen. Ich muss allerdings sagen, dass 10 Grad Celsius jetzt nicht bahnbrechend kalt sind...

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Ein kleines Lebenszeichen...

Ich habe hier schon seit einiger Zeit nichts mehr geschrieben. Dabei habe ich eigentlich so viel zu erzählen, nur ist es gar nicht so einfach dafür die Zeit zu finden.

Ich habe jetzt seit etwa zwei Wochen eine wirkliche Aufgabe, außerdem sind auch die Kurse im vollen Gange. An zwei Tagen der Woche habe ich jeweils für drei Stunden Japanisch Unterricht. Dann noch einen Englischkurs, den würde ich aber eher als eine Gesprächsrunde bezeichnen. Dazu kommt noch der in bereits vorherigen Posts erwähnte Kurs zur Japanischen Kultur und Wesensart.

In meiner Arbeit hier an der Universität geht es darum ein System zu entwickeln, dass Schülern die benötigten Denkweisen beibringt, die für das Programmieren von Computern essentiell sind. Dabei werden auf einem realen Tisch Anweisungsblöcke positioniert. Diese werden dann von einer Kamera aufgenommen und vom Computer in ein Programm für einen virtuellen Roboter transferiert. Ziel ist es mit diesem virtuellen Roboter Aufgabenstellungen zu bearbeiten.

Ach und ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass ich jeden Tag eine Art Tagebucheintrag schreiben muss der von meinen Erlebnissen hier in Japan handelt. Am besten sollte auch noch ein Vergleich zu Deutschland gezogen werden. Und es ist schon mehr oder minder nervig jeden Tag so einen Eintrag zu schreiben, denn wenn ich ehrlich bin passiert hier nun nicht so viel neues mit dem ich Tag täglich einen Vergleich zu Deutschland ziehen könnte.

Soviel zu meinem kurzem Lebenszeichen. In der nächsten Zeit werde ich noch über ein japanisches Herbstfest berichten und die Serie über die japanische Wesensart weiterführen. Und natürlich folgen auch noch Beiträge über das Essen und viele Bilder von allen möglichen Begebenheiten.

Da fällt mir noch ein, dass ich eventuell ein Praktikum bei einer japanischen Firma in Tokio machen kann, dass würde für mich einen Monat in Tokio wohnen bedeuten. Die Bewerbung dafür ist bereits versandt und ich warte gespannt auf das Ergebnis!

Freitag, 4. Oktober 2013

Diebstahl

Ich möchte die Grundaussage dieses Posts gleich vorwegnehmen. Mindestens in der Region in der ich mich aufhalte ist Diebstahl quasi kein Thema. Es ist wohl in ganz Japan kein so großes Thema, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, aber dazu gleich einige Beispiele. Auch in Japan ist die Kriminalitätsrate in Großstädten um einiges höher als in ländlichen Regionen.

Mir wurde an meinem ersten Tag hier gesagt, dass ich immer mein Fahrrad anschließen sollte. Darauf habe ich erwidert, dass es doch selbstverständlich ist das zu tun. Mein Gegenüber hat mir dann erklärt, dass es nicht daran liegt, dass das Fahrrad gestohlen wird, sondern, dass jemand das Fahrrad benutzen könnte und es an seinem Zielort abstellt. Man hat mir gesagt, dass es auf jeden Fall zu mir zurückkommt, aber das soll einige Tage dauern. Nach diesem Gespräch war ich doch schon ein wenig überrascht, da ich aus Deutschland doch ganz andere Verhältnisse gewohnt bin.

Ein Mitbewohner des Studentenwohnheims hat mir erzählt, dass er vor einiger Zeit seine Brieftasche in einem Supermarkt vergessen hatte. Am Nachmittag des gleichen Tages wurde die Brieftasche mit dem gesamten Inahlt hier bei der Universität abgegeben, da auch sein Studentenausweis in der Brieftasche war. Eine ähnliche Geschichte wurde mir auch von meiner Ansprechpartnerin erzählt.

Und tatsächlich sieht man an den Straßenrändern viele Dinge die man so in Deutschland einfach nicht sehen würde. Das sind zu erst einmal nicht angeschlossene Fahrräder an Orten an denen es gar nicht auffallen würde wenn jemand ein Fahrrad nimmt welches ihm oder ihr nicht gehört. Wenn man hier zum Strand geht ist es gar kein Problem seinen Rucksack mitsamt den Wertsachen irgendwo abzustellen und eine Runde schwimmen zu gehen. Auch wenn ich den Rucksack schon längst nicht mehr im Blick hatte, hatte ich kein komisches Gefühl, dass er abhanden gekommen sein könnte.

Das extrem das ich hier bereits zwei mal gesehen habe waren Autos die nicht abgeschlossen mit dem Schlüssel im Zündschloss  auf einem Parkplatz standen. Das war jeweils vor kleineren Restaurants.


Bevor ich nach Japan gegangen bin habe ich einmal den etwas zugespitzten Kommentar gelesen, dass es kein Problem sei eine Handtasche auf einem Gehweg in Tokyo abzustellen und sie genau so zwei Tage später wie abzuholen. Mitlerweile weiß ich wirklich was der Autor dieses Kommentars sagen wollte. Diebstahl ist hier wirklich nichts was man primär im Gedächtnis haben muss.